Allgemeinverfügung der Stadt Chemnitz

als Untere Naturschutzbehörde zum Verbot der nächtlichen Inbetriebnahme von Mährobotern auf dem Gebiet der Stadt Chemnitz

Auf Grund von §§ 3 Abs. 2 und 44 Abs. 1 Nr. 1 Bundesnaturschutzgesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), das zuletzt durch Artikel 48 des Gesetzes vom 23. Oktober 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 323) geändert worden ist (BNatSchG), sowie §§ 46 Abs. 1 Nr. 3, 47 Abs. 1 Sächsisches Naturschutzgesetz vom 6. Juni 2013 (SächsGVBl. S. 451), das zuletzt durch das Gesetz vom 22. Juli 2024 (SächsGVBl. S. 672) geändert worden ist (nachfolgend: SächsNatSchG), erlässt die Stadt Chemnitz als Untere Naturschutzbehörde folgende 

Allgemeinverfügung 
 

§ 1 Geltungsbereich 

Der Geltungsbereich dieser Allgemeinverfügung umfasst das gesamte Stadtgebiet der kreisfreien Stadt Chemnitz. 
 

§ 2 Verbot der nächtlichen Inbetriebnahme von Mährobotern 

(1) Zum Schutz von Igeln und anderen kleinen Wirbeltieren ist im Geltungsbereich der Allgemeinverfügung der Betrieb von Mährobotern in der Zeit von einer halben Stunde vor Sonnenuntergang bis einer halben Stunde nach Sonnenaufgang des folgenden Tages verboten (Angaben zum genauen Zeitpunkt des jeweiligen Sonnenaufgangs bzw. Sonnenuntergangs in Chemnitz sind beispielsweise abrufbar unter www. wetterdienst.de/Deutschlandwetter/ Chemnitz_Sachsen). 

(2) Mähroboter (auch: Rasenmähroboter; Rasenroboter) im Sinne dieser Allgemeinverfügung sind alle Serviceroboter, die selbsttätig, nicht ferngesteuert eine vorgegebene Rasenfläche mähen können. 
 

§ 3 Ausnahmen und Befreiungen 

(1) Das Verbot aus § 2 Abs. 1 dieser Allgemeinverfügung gilt nicht für den Betrieb von Mährobotern in geschlossenen Räumen oder auf Gründächern (Rasenflächen auf Dächern). 

(2) Eine Ausnahme von dem Verbot aus § 2 Abs. 1 dieser Allgemeinverfügung ist durch die Untere Naturschutzbehörde der Stadt Chemnitz auf Antrag zu erteilen, wenn nachgewiesen wird, dass im konkreten Einzelfall keine Gefahr für Leib und Leben von Igeln und anderen kleinen Wirbeltieren durch den Einsatz eines Mähroboters entsteht. 

(3) Eine Befreiung von dem Verbot aus § 2 Abs. 1 dieser Allgemeinverfügung kann durch die Untere Naturschutzbehörde der Stadt Chemnitz auf Antrag entsprechend § 67 Abs. 2, 3 BNatSchG erteilt werden, wenn die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde. 
 

§ 4 Sofortige Vollziehung 

Die sofortige Vollziehung von § 2 Abs. 1 dieser Allgemeinverfügung wird angeordnet.
 

§ 5 Inkrafttreten 

Diese Allgemeinverfügung tritt am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft. 

 

Gründe 

I. Sachverhalt 

In verschiedenen europäischen Ländern wurde in den letzten Jahrzehnten eine Bestandsabnahme des Europäischen Igels (Erinaceus europaeus) beobachtet. 

Die 2020 aktualisierte Rote Liste der Säugetiere (1) zeichnet für Deutschland ein vergleichbares Bild. Igeln, früher überall zahlreich vertreten, wird dort ein erheblicher Rückgang attestiert. Langzeitzählungen überfahrener Igel in Bayern zeigen, dass die Anzahl der Totfunde in den letzten ca. 40 Jahren um ca. 80 Prozent zurückgegangen ist (2), was nicht auf effektive Schutzmaßnahmen sondern einen generellen Rückgang der Bestände zurückgeführt werden muss. (3) 

Die Ursachen für den Bestandsrückgang sind vielfältig. Einer der gravierendsten Gründe sind fehlende Insekten als Hauptnahrungsgrundlage des Igels infolge von Pestizideinsatz, Lichtverschmutzung und Lebensraumverlust. Eine weitere Ursache ist das Fehlen geeigneter Lebensräume in der freien Landschaft. Dort mangelt es häufig an Hecken und Gebüschen, in denen die Tiere tagsüber schlafen, ihre Nester für den Winterschlaf bauen und ihre Jungtiere aufziehen können. In der Folge weichen Igel häufig in städtische Ersatzlebensräume aus, z. B. Grün- und Parkanlagen, Friedhöfe oder Gärten. Städte und Gemeinden tragen daher eine besondere Verantwortung für den Schutz von Igeln in diesen Ersatzlebensräumen. 

Doch gerade in Gärten werden zunehmend Mähroboter eingesetzt, welche eine große Gefahrenquelle für zahlreiche kleine Wirbeltiere, insbesondere für Igel, darstellen. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass fast alle Mähroboter-Modelle Kleintiere nicht ohne vorherige Berührung erkennen. Das Leibnitz Institut für Zoo-und Wildtierforschung testete in zwei Studien insgesamt 37 Modelle an toten Igeln: in allen Fällen drehten die Mäher erst nach physischem Kontakt ab. (4) Die Verletzungen sind in den meisten Fällen schwerwiegend und enden oft tödlich. (5) Verletzte Tiere sind hierbei meist einer sehr langen und erheblichen Leidenszeit ausgesetzt. Die Stiftung Warentest kommt in ihren Mähroboter-Tests (04/2022 und 04/2024) zu einem ähnlichen Ergebnis. (6) 

Da Mähroboter autonom und zugleich sehr geräuscharm agieren, erfolgt der Betrieb häufig auch in der Nacht. Insbesondere der Einsatz in den Dämmerungs- und Nachtstunden ist problematisch, da Igel dämmerungs- und nachtaktiv sind. Erschwerend kommt hinzu, dass Igel keine Fluchttiere sind und sich stattdessen bei Gefahr zusammenrollen und auf den Schutz ihrer Stacheln vertrauen. 

Nach Auswertung der Daten von drei Tierrettungs- und Pflegestellen wurden 2024 auf dem Gebiet der Stadt Chemnitz mindestens 47 Igel mit Schnittverletzungen durch den Einsatz von Gartengeräten verletzt, wobei davon mindestens 24 Igel mit Schnittverletzungen verstarben. Für das Stadtgebiet Chemnitz ist eine deutliche Zunahme der Igel-Pflegefälle vom Jahr 2022 auf 2023 und nochmals auf 2024 zu verzeichnen. Im Wirkungskreis der drei Tierrettungs-und Pflegestellen in Südwestsachsen ist zudem im Jahr 2024 eine Verdopplung der Pflegefälle mit Schnittverletzungen zum Vorjahr belegt. (7) 

Von einer deutlich höheren Dunkelziffer wird ausgegangen, da sich verletzte Igel in der Regel verkriechen und deshalb nicht aufgefunden werden oder die Kadaver von anderen Tieren gefressen werden. 
 

II. Rechtliche Würdigung 

Für den Erlass der Allgemeinverfügung ist die Kreisfreie Stadt Chemnitz als Untere Naturschutzbehörde gemäß §§ 46 Abs. 1 Nr. 3, 47 Abs.1 SächsNatSchG i. V. m. §§ 3 Abs. 1, 44 Abs. 1 BNatSchG örtlich und sachlich zuständig. 

Die Allgemeinverfügung hat ihre rechtliche Grundlage in §§ 3 Abs. 2 und 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG: 

1. Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. 

2. Nach § 3 Abs. 2 BNatSchG überwachen die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und treffen nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um deren Einhaltung sicherzustellen, soweit nichts Anderes bestimmt ist. 

Der Europäische Igel (Erinaceus europaeus) ist gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13 c) BNatSchG i. V. m. Anlage 1 Bundesartenschutzverordnung eine besonders geschützte und somit vom Anwendungsbereich des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG umfasste Art. Andere kleine Wirbeltiere i. S. d. Allgemeinverfügung sind etwa alle Amphibien, welche gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13 b) aa) BNatSchG i. V. m. Anlage 1 Bundesartenschutzverordnung besonders geschützt und somit ebenfalls vom Anwendungsbereich des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG umfasst sind. 

§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG untersagt u. a. jeden Angriff auf die körperliche Unversehrtheit, der die Verletzung oder Tötung eines geschützten Tieres zur Folge hat. Das Zugriffsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG zielt auf den Schutz der Individuen ab und ist als solches einer populationsbezogenen Relativierung unzugänglich (vgl. NuR BVerwG NVwZ 2008, Beil. Heft 8, S. 54 Rn. 563; NVwZ 2010, 44 Rn. 58; OVG Magdeburg NuR 2016, 497 (499); OVG Saarlouis NuR 2017, 718 (719); OVG Münster NuR 2019, 425 (426); OVG Lüneburg Urt. v. 25. Oktober 2018 – 12 LB 118/16, juris Rn. 211; OVG Greifswald NuR 2019, 265 (267)). 

Die Privilegierung aus § 44 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 BNatSchG kommt allein Eingriffsvorhaben sowie Vorhaben im Sinne des § 18 Abs. 2 S. 1 BNatSchG zugute (vgl. Gellermann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: 105. EL September 2024, § 44 Rn. 9; Heugel in: Lütkes/ Ewer, BNatSchG, 2. Auflage 2018, § 44 Rn. 52; Gläß in: BeckOK Umweltrecht, Giesberts/Reinhardt, 73. Edition Stand: 1. Januar 2025, § 44 Rn 69), weshalb auch der Signifikanzansatz aus § 44 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 BNatSchG nicht auf andere Handlungen – hier der Betrieb von Mährobotern – übertragen werden kann. 

Die Hauptaktivitätszeiten von Igeln erstrecken sich insbesondere auf Dämmerungs- und Nachtzeiten. Währenddessen suchen Igel hauptsächlich nach Nahrung. Sie sind neben Grünanlagen und Parks vor allem auch in Gärten auf Nahrungssuche. 

Da Mähroboter autonom agieren und dabei sehr geräuscharm sind, werden sie häufig auch in der Nacht in Betrieb genommen. Bei physischen Kontakt mit dem Mähroboter flüchtet der Igel nicht, sondern stellt sich tot und rollt sich zum vermeintlichen Schutz zusammen. 

Ein Großteil der aktuell auf dem Markt erhältlichen Mähroboter-Modelle erkennen Igel (noch) nicht als Hindernis und können Igel deshalb auch nicht mit ausreichend Sicherheitsabstand umfahren. Trifft ein Mähroboter auf einen Igel, fügen die scharfen Messer und rotierenden Klingen der Mähroboter den Igeln typischerweise Verstümmelungen bzw. erhebliche Verletzungen zu, was oft sogar den Tod des Igels zur Folge hat. (8) Insbesondere im nächtlichen Betrieb von Mährobotern bzw. im Betrieb von Mährobotern zur Dämmerungszeit liegt mithin eine große Gefahrenquelle für Leib und Leben von Igeln. Durch das Verbot aus § 2 Abs. 1 dieser Allgemeinverfügung wird die Wahrscheinlichkeit der Verletzung und Tötung von Igeln und anderen kleinen Wirbeltieren durch Mähroboter und damit die Verwirklichung des Verbotstatbestands aus § 44 Abs. 1 Nr.1 BNatSchG erheblich reduziert. 

Technisch ausgereiftere Modelle von Mährobotern, welche die Tiere erkennen und den Betrieb autonom einstellen bzw. die Tiere mit hinreichendem Sicherheitsabstand umfahren, werden nach aktuellem Kenntnisstand nicht oder in nur ganz geringem Umfang auf dem Markt angeboten (9). Für derartige Modelle besteht die Möglichkeit der Beantragung einer Ausnahme gemäß § 3 Abs. 2 dieser Allgemeinverfügung. 

Das Verbot des Betriebs von Mährobotern während einer halben Stunde vor Sonnenuntergang bis eine halbe Stunde nach Sonnenaufgang des folgenden Tages, sprich während der Dämmerung und Nacht, ist gemäß §§ 3 Abs. 2 und 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erforderlich, um die Einhaltung des Zugriffsverbots aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sicherzustellen. Die Generalklausel aus § 3 Abs. 2 BNatSchG kann – wie hier – insbesondere zwecks Verhütung rechtswidriger Verhaltensweisen herangezogen werden (Heß/Wulff in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht Werkstand: 105. EL September 2024, § 3 Rn. 18, m. w. N.). 

Die Allgemeinverfügung zum Verbot der nächtlichen Inbetriebnahme von Mährobotern in der Zeit von einer halben Stunde vor Sonnenuntergang bis einer halben Stunde nach Sonnenaufgang des folgenden Tages verfolgt einen legitimen Zweck. Igel als hauptsächlich dämmerungs-/nachtaktive Tiere und andere kleine Wirbeltiere sollen vor der Gefahr einer Tötung oder Verletzung durch den Betrieb von Mährobotern während der Dämmerungs- bzw. Nachtzeit geschützt, die mit dem Betrieb von Mährobotern einhergehende Gefahr einer Verwirklichung des Verbotes aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG reduziert bzw. für die Hauptaktivitätszeit des Igels ausgeschlossen werden. 

Auch wenn es bei der Darlegung des legitimen Zwecks der Allgemeinverfügung nicht entscheidend hierauf ankommt, wird die Legitimität des Anliegens noch einmal dadurch untermauert, dass bei Igeln ausweislich der 2020 aktualisierten Roten Liste der Säugetiere (7) generell ein erheblicher Bestandsrückgang zu verzeichnen ist. Dass Handlungsbedarf besteht, ergibt sich auch aus der Auskunft von Igelpflegestellen, wonach allein im Jahr 2024 mindestens 47 Igel durch den Einsatz von Gartenmaschinen wie Mährobotern und Motorsensen verletzt wurden und mindestens 24 Igel davon verstarben. Aufgrund der häufig schwierigen Auffindbarkeit verletzter bzw. getöteter Igel ist von einer deutlich höheren Dunkelziffer auszugehen. 

Die Allgemeinverfügung zum Verbot der nächtlichen Inbetriebnahme von Mährobotern in der Zeit von einer halben Stunde vor Sonnenuntergang bis einer halben Stunde nach Sonnenaufgang des folgenden Tages stellt ein geeignetes Mittel zur Verwirklichung des vorgenannten Zwecks dar. Das Verbot des Betriebs von Mährobotern während der Hauptaktivitätszeit des Igels (Dämmerungs- und Nachtzeit) ist geeignet, die Gefahr von teilweise sogar schweren bis tödlichen Verletzungen von Igeln und anderen kleinen Wirbeltieren durch Mähroboter erheblich zu verringern bzw. – in Bezug auf die Hauptaktivitätszeit des Igels – vollständig auszuschließen. 

Die Allgemeinverfügung zum Verbot der nächtlichen Inbetriebnahme von Mährobotern in der Zeit von einer halben Stunde vor Sonnenuntergang bis einer halben Stunde nach Sonnenaufgang des folgenden Tages ist weiterhin erforderlich, da mildere Maßnahmen, mit denen ein vergleichbarerer Erfolg mit einer vergleichbaren Sicherheit und einem vergleichbaren Aufwand herbeiführt werden könnte, nicht ersichtlich sind. Der Erlass von individuellen Verboten etwa nur für den Fall, dass Verstöße gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG auch tatsächlich festgestellt werden, wäre von geringerer Sicherheit, da sie erst bei bereits festgestelltem Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG greifen. Zudem wäre eine effektive Durchsetzung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG mit einem deutlich höheren, in der Realität nicht zu bewerkstelligenden Kontrollaufwand verbunden. Dies gilt umso mehr, da sich verletzte Igel in der Regel verkriechen und getötete Igel häufig von anderen Tieren gefressen und deshalb regelmäßig gar nicht aufgefunden werden können. 

Des Weiteren ist der Erlass der Allgemeinverfügung angemessen, der beabsichtigte Zweck steht nicht außer Verhältnis zu der Intensität des Eingriffs. Diese Allgemeinverfügung verfolgt das Ziel eines effektiven Schutzes von Igeln und anderen kleinen Wirbeltieren vor teilweise schweren bis tödlichen Verletzung durch Mähroboter, mithin eine Verhinderung bzw. jedenfalls erhebliche Reduzierung der Gefahr einer Verwirklichung des Verbotes aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Mit § 69 Abs. 2 Nr. 1, 7 BNatSchG und der hierin festgeschriebenen Sanktionsmöglichkeit von (auch fahrlässigen) Verstößen mit Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro brachte der Bundesgesetzgeber zum Ausdruck, welch hohes öffentliches Interesse an der Durchsetzung einer Einhaltung dieses Verbotes besteht. Demgegenüber verbietet § 2 Abs. 1 dieser Allgemeinverfügung den Einsatz von Mährobotern nur während der Nacht- bzw. Dämmerungszeit, lässt einen Einsatz im Übrigen also völlig unberührt. Es verbleiben viele Stunden Zeit, um Mähroboter zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang in Betrieb zu nehmen bzw. effektiv nutzen zu können. Darüber hinaus sieht diese Allgemeinverfügung generelle Ausnahmen (§ 3 Abs. 1) sowie die Möglichkeit der Beantragung einer Ausnahme (§ 3 Abs. 2) bzw. Befreiung (§ 3 Abs. 3) von dem Verbot aus § 2 Abs. 1 dieser Allgemeinverfügung vor. 
 

III. Begründung der sofortigen Vollziehung 

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung erfolgt im öffentlichen Interesse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung entfällt die aufschiebende Wirkung etwaiger Rechtsmittel. Grundsätzlich hätte eine Klage gegen diese Allgemeinverfügung aufschiebende Wirkung. Praktisch bedeutet dies, dass die Ge- und Verbote der Allgemeinverfügung für die Dauer eines gerichtlichen Verfahrens nicht beachtet werden müssten. Der Betrieb von Mährobotern während der Nacht sowie Dämmerung könnte demnach fortgesetzt werden und es bestünde weiterhin ein erhebliches Verletzungs- bzw. Tötungsrisiko durch den Einsatz von Mährobotern zulasten von Igeln und anderen kleinen Wirbeltieren. 

Das Entfallen der aufschiebenden Wirkung wird durch ein überwiegendes öffentliches Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung der Allgemeinverfügung gerechtfertigt. Es überwiegt gegenüber dem Interesse Einzelner an einer ungehinderten, weiteren Nutzung von Mährobotern auch während der Dämmerung und Nacht nach Abwägung sämtlicher rechtlicher und sachlicher Gesichtspunkte. Hierbei wurde insbesondere das Interesse der Betreiber von Mährobotern an einer uneingeschränkten Nutzung sowie das Interesse an einer effektiven Verhinderung der Verwirklichung des zum Teil sogar strafbewehrten Verbotstatbestandes aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG durch den Einsatz von Mährobotern berücksichtigt. 

Der Betrieb von Mährobotern während der Dämmerungs- und Nachtzeiten begründet eine erhebliche Gefahr in Form eines gesteigerten Verletzungs- und Tötungsrisikos für Igel und andere kleine Wirbeltiere. Dies wird auch durch die Daten der Tierrettungs- und Pflegestellen untermauert. Zu berücksichtigen war weiterhin, dass Mähroboter außerhalb der Verbotszeit weiterhin eingesetzt werden können. Es sind keine überwiegenden Gründe ersichtlich, die eine fortgesetzte Duldung des Betriebs von Mährobotern in der Dämmerungs-und Nachtzeit und des damit einhergehenden, vermeidbaren Verletzungs- und Tötungsrisikos für Igel und andere kleine Wirbeltiere rechtfertigen würden, bis etwa eine (häufig mehrere Jahre Zeit in Anspruch nehmende) gerichtliche Klärung erfolgt ist. Das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung der Anordnung überwiegt damit das eventuelle Aufschubinteresse der hiervon Betroffenen. 

Von einer Anhörung kann nach § 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für den Freistaat Sachsen i. V. m. § 28 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn die Behörde eine Allgemeinverfügung erlassen will. Hiervon wurde vorliegend Gebrauch gemacht, da der betroffene Personenkreis der Allgemeinverfügung nicht absehbar ist. 
 

Hinweise 

Verstöße gegen § 44 Abs. 1 Nr.1 BNatSchG stellen Ordnungswidrigkeiten dar, welche mit einem Bußgeld von fünf bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden können (§ 69 Abs. 2 Nr. 1, 7 BNatSchG). 

Bei vorsätzlicher Begehung und Betroffenheit streng geschützter Arten werden Verstöße als Straftat (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe) verfolgt (§§ 69 Abs. 2 Nr. 1, 71 Abs. 1 BNatSchG). 

Zu § 2 der Allgemeinverfügung wurde die sofortige Vollziehbarkeit gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet. Der Widerspruch hat somit keine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, dass Sie sich an die Anordnungen halten müssen, auch wenn Sie einen Rechtsbehelf gegen die Allgemeinverfügung eingelegt haben. Zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung wird auf die Bestimmungen des § 80 Abs. 4 und 5 VwGO verwiesen. 
 

Rechtsbehelfsbelehrung 

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes, schriftformersetzend nach § 3a Absatz 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und § 9a Absatz 5 des Onlinezugangsgesetzes oder zur Niederschrift bei der Stadt Chemnitz, Markt 1, 09111 Chemnitz oder bei jeder anderen Dienststelle oder Bürgerservicestelle der Stadt Chemnitz einzulegen. 

Wird der Widerspruch gemäß § 3a Absatz 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes schriftformersetzend eingelegt, stehen folgende Möglichkeiten zur Verfügung: 

1. Verwendung des auf der Internetseite von Amt 24 (www.amt24.sachsen. de) zur Verfügung gestellten Onlineantrages “Widerspruch einlegen” und Identifizierung mittels eID 

2. bei rechtsanwaltlicher Vertretung durch Einreichung über das besondere Behördenpostfach (beBPo) “Stadt Chemnitz”. 
 

Chemnitz, den 12. Juni 2025 

Carina Kühnel 

Amtsleiterin Umweltamt

 

 

 

Quellenverzeichnis:

1 Meinig, H.; Boye, P.; Dähne, M.; Hutterer, R. & Lang, J. (2020): Rote Liste und Gesamtartenliste der Säugetiere (Mammalia) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 170 (2): 73 S., https:// www.rote-liste-zentrum.de/files/NaBiV_170_2_Rote_Liste_Saeugetiere.pdf 

2 Reichholf, J.H. (2015): Starker Rückgang der Häufigkeit überfahrener Igel Erinaceus europaeus in Südostbayern und seine Ursachen. – Mitteilungen der Zoologischen Gesellschaft Braunau 11: 309–314, www.zobodat.at/pdf/Braunau_11_2015_0309-0314.pdf 

3 Meinig, H.; Boye, P.; Dähne, M.; Hutterer, R. & Lang, J. (2020): Rote Liste und Gesamtartenliste der Säugetiere (Mammalia) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 170 (2): 73 S., https:// www.rote-liste-zentrum.de/files/NaBiV_170_2_Rote_Liste_Saeugetiere.pdf 

4 Rasmussen, S.L.; Schrøder, A.E.; Mathiesen, R.; Nielsen, J.L.; Pertoldi, C.; Macdonald, D.W. Wildlife Conservation at a Garden Level: The Effect of Robotic Lawn Mowers on European Hedgehogs (Erin­aceus europaeus). Animals 2021, 11, 1191. doi.org/10.3390/ und Rasmussen, S.L.; Schroder, B.T.; Berger, A.; Sollmann, R.; Macdonald, D.W.; Pertoldi, C.; Alstrup, A.K.O. Testing the Impact of Robotic Lawn Mowers on European Hedgehogs (Erinaceus europaeus) and Designing a Safety Test. Animals 2024, 14, 122. doi.org/10.3390/ani14010122 

5 Berger, A. Occurrence and Characteristics of Cut Injuries in Hedgehogs in Germany: A Collection of Individual Cases. Animals 2024, 14, 57S. doi.org/10.3390/ani14010057 

6 https://www.test.de/Maehroboter-im-Test-4698387-0/ 

7 Datenauswertungen von »Tierrettung Chemnitz e. V.«, »Stachelnasen Zwickauer Land e. V., »Stachel und Co. Erzgebirge e. V., unveröffentlicht 

8 Berger, A. Occurrence and Characteristics of Cut Injuries in Hedgehogs in Germany: A Collection of Individual Cases. Animals 2024, 14, 57S. doi.org/10.3390/ani14010057 

9 Rasmussen, S.L.; Schrøder, A.E.; Mathiesen, R.; Nielsen, J.L.; Pertoldi, C.; Macdonald, D.W. Wildlife Conservation at a Garden Level: The Effect of Robotic Lawn Mowers on European Hedgehogs (Erin­aceus europaeus). Animals 2021, 11, 1191. doi.org/10.3390/ und Rasmussen, S.L.; Schroder, B.T.; Berger, A.; Sollmann, R.; Macdonald, D.W.; Pertoldi, C.; Alstrup, A.K.O. Testing the Impact of Robotic Lawn Mowers on European Hedgehogs (Erinaceus europaeus) and Designing a Safety Test. Animals 2024, 14, 122. doi.org/10.3390/ani14010122